Doppelbesteuerung: Kelmis und Raeren setzen Klage fort

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Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Belgien und Deutschland von 1967 (mit Zusatz 2002) ist grundsätzlich positiv, da es Gleichstellung und europäische Integration fördert. Dennoch bestehen seit Langem rechtliche Nachbesserungsbedarfe: Bei der Berechnung des versteuerbaren Einkommens werden in Deutschland beschäftigte Grenzgänger gegenüber in Belgien arbeitenden Personen begünstigt, da ihre Einkommenssteuer bereits in Deutschland abgezogen wird. Für Gemeinden wie Kelmis bedeutet dies erhebliche Einnahmeverluste – bereits 2005 auf rund 400.000 € geschätzt. In Zeiten massiver Sparmaßnahmen ist diese Ungleichbehandlung nicht mehr tragbar. Daher führt Kelmis gemeinsam mit Raeren die 2005 eingeleitete Klage fort, um die Interessen der Grenzgemeinden zu wahren.

 

Rede des Bürgermeisters

Kolleginnen und Kollegen,

Das Abkommen vom 11. April 1967 zwischen dem Königreich Belgien und der Bundesrepublik Deutschland, abgeändert durch das Zusatzabkommen vom 5. November 2002, regelt die Vermeidung von Doppelbesteuerungen, verschiedene Fragen der Einkommens- und Vermögenssteuern sowie Fragen in Bezug auf Gewerbe- und Grundsteuern zwischen beiden Staatsgebieten.

Dieses Abkommen als solches ist sehr begrüßenswert. Es fördert die Gleichstellung der Bürgerinnen und Bürger dies- und jenseits der Grenze und steht somit im Dienst des grenzüberschreitenden Zusammenlebens und der europäischen Integration.

All dies unterstütze ich ausdrücklich. Und all dies soll natürlich auch in Zukunft Bestand haben. Niemand aufseiten der Mehrheit stellt dies in Frage.

Gleichzeitig hat der Kelmiser Gemeinderat bereits vor geraumer Zeit, in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2005 festgestellt, dass einzelne Ausführungsbestimmungen des Abkommens rechtlich zumindest strittig sind.

Genauer gesagt geht es um die Berechnung des versteuerbaren Einkommens in den Grenzgemeinden und anderen belgischen Gemeinden. Hier wird bei belgischen Berufseinkünften das Bruttoeinkommen minus die Sozialabgaben als Grundlage herangezogen. Bei der Berechnung der versteuerbaren Einkommens für in Deutschland beschäftigte Personen gelten hingegen Bruttoeinkommen minus Sozialabgaben minus in Deutschland abgeführte Einkommenssteuer. Die Grundlage ist also grundsätzlich niedriger als bei in Belgien beschäftigten Personen, die in diesem Sinne diskriminiert werden.

Tatsächlich fallen bei in Deutschland tätigen Arbeitnehmern logischerweise andere Progressionen an, womit das Ergebnis der Gemeindezuschlagssteuer geringfügiger ausfällt. Bitte verstehen Sie mich richtig: Die Mehrheit möchte ganz sicher weder jemandem schaden, noch einzelne Bevölkerungsgruppen in irgendeiner Weise anprangern oder übermäßig zur Kasse bitten.

Angesichts der jüngst erfolgten Anpassung der allgemeinen Personensteuer auf 7,5% und den notwendigen Sparmaßnahmen unserer Gemeinde verschärft sich jedoch die bereits 2005 durch den Amtsvorgänger Grosch festgestellte Ungerechtigkeit.

Der entsprechende Schaden für die Gemeinde wurde 2005 auf schätzungsweise 400.000 EUR chiffriert. Ich persönlich halte dies auch und gerade in 2025 für schwer vertretbar.

Und ich würde sogar noch weitergehen, über den Aspekt der Arbeitnehmerbesteuerung hinaus. Meines Erachtens sollte in Zeiten von massiven Sparzwängen hinterfragt werden, inwiefern es noch rechtfertigen ist, dass Arbeitgeber, Selbstständige und Direktoren, die in Kelmis wohnhaft, aber in Deutschland berufstätig sind, ihrerseits überhaupt keine Einkommenssteuer in unserer Gemeinde zahlen. Immerhin nutzen auch sie die hiesigen Infrastrukturen, erfreuen sich der Straßenreinigung, der Wintersicherung und anderer wichtiger Dienstleistungen von Gemeindeverwaltung und Bauhof.

Solche Leistungen können langfristig natürlich nur dann aufrechterhalten werden, wenn sie ausreichend und angemessen finanzierbar bleiben. Um es mit den Worten meines Raerener Kollegen Pitz zu sagen: „Für die gleiche Leistung oder den gleichen schönen Wohnraum, sollte jeder mit dem gleichen Anteil beteiligt werden.“

Möglicherweise könnte als Ausgleich für entsprechende Mindereinnahmen der Grenzgemeinden ein Kompensationsmechanismus herangezogen werden, vergleichbar mit demjenigen, der durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Großherzogtum Luxemburg geregelt wird. Hierüber wird jedoch ggf. nicht die Gemeinde Kelmis, sondern der föderale Gesetzgeber in Verhandlung mit der Bundesrepublik zu entscheiden haben.

In der Zwischenzeit schlagen wir vor, die 2005 initiierte Klage gemeinsam mit der Gemeinde Raeren fortzuführen. Diese war damals einstimmig durch alle Fraktionen verabschiedet worden.

Am 24. Juni 2024 wurde einer Fortführung der Klage mit 16 Ja-Stimmen und einer Enthaltung aufseiten der Ecolo-Fraktion zugestimmt. Auch der Gemeinderat Raeren hat der Fortführung der Klage am 24. September 2025 einstimmig zugestimmt. Aufgrund der zwischenzeitlich eingegangenen neuen Prozessinformationen, namentlich ein Avis sur chance de pourvoir sowie das Datum des Urteils wurde vonseiten des Rechtsbeistands empfohlen, das Mandat auch unsererseits nochmals zu bestätigen.